Was bringt Glück?
Sonja Lyubomirsky hat in ihrem Buch mit einem Diagramm aufgezeigt, welche Faktoren zu Glück beitragen. Die äusseren Lebensumstände (wie z.B. materieller Wohlstand oder die derzeitige Wohnsituation) tragen demnach nur etwa 10 Prozent zum persönlichen Wohlbefinden bei, anlagebedingte Voraussetzungen (wie z.B. die Gene) 50 Prozent und das aktive persönliche Verhalten weitere 40 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich jedoch nicht auf eine einzelne Person.
Ein Coach könnte das Totendiagramm so nutzen, um seine Klienten zu überzeugen, dass sie durchaus aktiv etwas zu ihrem persönlichen Wohlbefinden beitragen können, denn im Durchschnitt lassen sich 40 Prozent der Unterschiede im Glücksempfinden innerhalb einer Gruppe auf aktives Handeln zurückführen!
Auswirkungen des Glücklichseins
Glücklichsein heisst jedoch weit mehr, als nur «sich gut fühlen». Glück macht nicht nur subjektiv zufrieden, sondern hat weitreichende Auswirkungen. Glückliche Menschen sind sozial kompetenter, kooperativer, beliebter, grosszügiger, flexibler, kreativer und attraktiver für andere. Sie können besser führen und verhandeln, haben stabilere Beziehungen, grössere soziale Netzwerke, mehr Erfolg im Beruf und bessere Strategien, um mit Rückschlägen umzugehen. Und es zeigt sich auch ein positiver Effekt auf Gesundheit und Lebensdauer: Ihr Immunsystem ist stärker, damit werden sie seltener krank bzw. schneller wieder gesund.
Übersetzt man das nun in Denk- und Verhaltensmuster, so ergibt sich folgendes Spektrum:
• Glückliche Menschen pflegen und geniessen Beziehungen zu Familienmitgliedern und Freunden,
• sie drücken ihre Dankbarkeit aus,
• sie bieten anderen Hilfe an, z.B. Kollegen oder Passanten,
• sie blicken optimistisch in ihre Zukunft,
• sie geniessen ihr Leben und sind innerlich mehr im gegenwärtigen Moment als in der Vergangenheit oder Zukunft,
• sie treiben regelmässig bzw. häufig Sport,
• sie verfolgen Ziele und Ideale (z.B. ihren Kindern Werte weiterzugeben),
• sie erfahren ebenso Stress, Krisen und Tragödien wie andere Menschen, doch sie gehen konstruktiver mit diesen Herausforderungen um. (8)
Wohlfühlglück und Werteglück
Nozick zeigt in einem Gedankenexperiment, wie wichtig es für menschliches Wohlbefinden ist, sich zu engagieren und aktiv zum eigenen Glück beizutragen. Könnte man sich eine Glücksmaschine anschliessen lassen, die Glücksgefühle produziert, ohne dass man etwas dafür tun muss, würden viele Menschen diese Alternative trotzdem nicht wählen.
Menschliches Glück lässt sich also nicht alleine auf positive Emotionen reduzieren. Glück umfasst zwar Genuss, Wohlbefinden und angenehme Gefühle (hedonisches Glück = Wohlfühlglück), doch ebenso auch persönliche Erfüllung und Zufriedenheit (eudaimonisches Glück = Werteglück).
Wohlfühlglück: Das angenehme Leben
Hedonisches Glück besteht darin, angenehme Gefühle zu suchen und Schmerz zu vermeiden. Wir erleben Wohlfühlglück, wenn wir Tätigkeiten ausführen, die uns wohltun und gefallen. Ein warmes Bad, das Betrachten eines Sonnenuntergangs, die Nackenmassage durch den Partner, ein entspannter Spaziergang oder Stadtbummel, gutes Essen, vielleicht gefolgt von einem Cappuccino, der an den letzten Urlaub erinnert… all diese beschreibt Momente des Wohlfühlglücks. Oft liegen ihre Quellen in der Umwelt, die als angenehm und wohltuend erlebt wird.
Werteglück: das erfüllte Leben
Eudaimonisches Glück entsteht, wenn Menschen das tun können, was sie für wertvoll erachten. Damit ist immer das Streben nach persönlich wichtigen Werten und Zielen verbunden. Oft, jedoch nicht immer, werden dabei positive Gefühle erlebt. Manchmal ist Werteglück sogar mit dem vorübergehenden Erleben unangenehmer Gefühle verknüpft. Immer ist eudaimonisches Glück aber mit persönlichen Werten und dem eigenen Best Self verbunden, also der bestmöglichen Ausgabe seiner Selbst im Sinne von Goethes Appell «Werde, wer du bist». (9)
Selbstreflexion:
Welche Aktivitäten, Dinge, Ereignisse etc. sind in Ihrem Leben Quellen von Wohlfühlglück? Welche für Werteglück?
Schreiben Sie jeweils 5 bis 10 Punkte auf und vergleichen Sie die beiden Listen. Welche Begriffe erscheinen in beiden Spalten?
Vergleichen Sie Ihre Glücksquellen nach folgenden Aspekten:
• Wie lange hält das Glücksgefühl an?
• Welche Zeitperspektive ist damit vorrangig verbunden? Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft?
• Wo erleben Sie das Glück für sich allein, wo in Verbindung mit anderen Menschen?
Schliesslich: Welche Erkenntnisse hat Ihnen diese Reflexion gebracht? Welche Veränderungen möchten Sie in Ihrem Leben anstossen? (10)
Psychologisches bzw. psychisches Wohlbefinden
Psychische Wohlbefinden bedeutet nicht etwa «gut funktionieren», sondern umfasst vielmehr Psychische Leistungsfähigkeit im Sinne der Realisierung des eigenen Potenzials.
Bausteine für psychisches Wohlbefinden sind:
• Sich selbst akzeptieren
• Positive Beziehungen
• Autonomie und Selbstbestimmtheit
• Selbstwirksamkeit, aktive Gestaltung von Lebensumständen
• Sinn im Leben, relevante persönliche Ziele
• Persönliches Wachstum (11)
Wie wäre es, wenn eben diese Bausteine in der Arbeitswelt oder im Schulwesen bewusst gefördert werden würden? Wie würde sich das auf das psychische Wohlbefinden der MitarbieterInnen und Schüler auswirken?
Die Transaktionsanalyse bietet in der Entwicklung dieser Bausteine für ein besseres Verständnis und die Stärkung der Autonomie der eigenen Persönlichkeit, aber auch für die Zusammenarbeit in Organisationen und Teams, viele hilfreiche Modelle als Hilfestellung für die Umsetzung in die eigene Praxis.
Ich empfehle in diesem Rahmen die Weiterbildung TA-Methodenkompetenz, welche an 10 x 2 Tagen Raum für persönlichen Entwicklung sowie fachliche Vertiefung und Verbindung mit der eigenen Praxis bietet.
Referenzen:
(8) Blickhan, D., Positive Psychologie, 2015, Junfermann Verlag: 27-29
(9) Blickhan, D., Positive Psychologie, 2015, Junfermann Verlag: 31
(10) Blickhan, D., Positive Psychologie, 2015, Junfermann Verlag: 33
(11) Blickhan, D., Positive Psychologie, 2015, Junfermann Verlag: 33-34
Hinweis:
Dieser Beitrag besteht aus zwei Teilen. Sie finden direkten Zugang via folgendem Link:
Positive Psychologie – Teil I
Positive Psychologie – Teil II