Neben den physischen Grundbedürfnissen nach Nahrung, Luft oder angemessener Temperatur spielen die Beziehungsbedürfnisse im Leben eines Menschen ein wichtige Rolle.

Beziehungsbedürfnisse tragen massgeblich zur Lebensqualität bei. Sie sind Teil des urmenschlichen Wunsches nach Beziehung, da sie unter anderem den Sinn für den eigenen Wert (in einer Beziehung) fördern.

Richard G. Erskine hat die folgenden acht Beziehungsbedürfnisse (2) genannt:

  1. Sicherheit
  2. Wertschätzung: sich wertgeschätzt, bestätigt und bedeutsam zu fühlen
  3. Schutz & Akzeptanz: Schutz erhalten und angenommen sein
  4. Bestätigung persönlicher Erfahrungen
  5. Einzigartigkeit: Selbstdefinition
  6. Einflussnahme: Beim Gegenüber etwas bewirken
  7. Aktiviert werden: auch der andere möge die Initiative ergreifen
  8. Liebe ausdrücken

Für das Wohlbefinden und die körperliche und seelische Gesundheit ist es wichtig, dass der Mensch diesen Beziehungsbedürfnissen in regelmässigen Abständen Aufmerksamkeit schenkt & diese stillen kann. Dazu gehört in einem ersten Schritt die Anerkennung und Akzeptanz der eigenen «Unabhängigkeit», da Menschen diesbezüglich auf ein Gegenüber angewiesen sind. Darunter verborgen liegt oft auch die Angst vor Zurückweisung und Verletzung (durch negative Erfahrungen aus der Vergangenheit). Diese Ängste können dazu führen, dass Menschen ihre eigenen Beziehungsbedürfnisse im Hier und Jetzt verleugnen, missachten, unterdrücken oder abwerten.

«Unerfüllte Bedürfnisse können zu Spannungen führen. Der Mensch ist stets bestrebt, die im ihn herrschenden Spannungen dadurch zu lösen, dass er versucht, das ihm am meisten am Herzen liegende Bedürfnis zu befriedigen. Jede Wunscherfüllung bringt ihn seinem Ziel näher: dem Gefühl des inneren Friedens und der Sicherheit beziehungsweise der Freiheit von Angst. Angst ist ein Zeichen der inneren Spannungen und lässt sich dadurch reduzieren, dass das Energiegleichgewicht wiederhergestellt wird.» (2)

In diesem Sinne lohnt es sich, den eigenen Beziehungs-bedürfnissen auf den Grund zu gehen, insbesondere wenn noch unbewusst oder bewusst Ängste mit im Spiel sind.

Die eigenen Ängste anzuerkennen kann ein erste wichtiger Entwicklungsschritt sein. Dabei geht es um die realistische Betrachtung der Umstände, das Anerkennen der eigenen Grenzen und dem Unvermögen (von damals und heute), der vorhandenen Möglichkeiten im Hier und Jetzt, sich den best mögliche Schutz und notwendige Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Mit diesem sicheren Rahmen lassen sich dann kleine, erste Schritte (auf das Gegenüber) zugehen.

Auch Rückschläge und Verletzungen gehören in diesem Sinne zu einem «gelingenden Miteinander» dazu. Diese bieten Lernchancen und eine Vertiefung der Beziehung  und sie lassen sich durch das eigene achtsamere Vorgehen, Selbstreflexion und gemeinsames Reflektieren im Gespräch minimieren.

Fragen wie:

  • Welche Bedürfnisse sind mir/uns besonders wichtig?
  • Zu welchen Bedürfnissen trage ich/wir ausreichend Sorge?
  • Welche Bedürfnisse kommen bei mir/uns eher zu kurz?
  • Wo bin ich besonders hart zu mir selbst?
  • Wo bräuchte es eine Erlaubnis, Bedürfnisse mehr in den Alltag zu integrieren?
  • Wie können wir als Paar/ in einer Freundschaft die unterschiedlichen Bedürfnisse bewusster gestalten?
  • Was gilt es dabei besonders zu beachten?
  • Wo gibt es Unterschiede im Empfinden?
  • Wie können wir diesen Unterschieden ausreichend Rechnung tragen, so dass es für beide stimmt?
  • Welche Lernchancen bieten sich mir/uns dadurch als Paar/ in einer Freundschaft?

können unterstützen, die eigene Situation besser einordnen zu können und mehr Klarheit über die eigenen Bedürfnisse zu erlangen.

Über die aktuelle Situation zu Reflektieren kann helfen, Übergänge und herausfordernde Lebensphasen bewusst zu gestalten. Alleine oder gemeinsam – Es lassen sich in jeder Situation erste, kleine Schritte gehen! Zuversichtlich stimmt, dass man mit der Annäherung an die eigenen Beziehungsbedürfnisse nicht nur dem Gegenüber, sondern auch sich selbst, näher kommt. Das trägt zu einer neuen Bewusstheit und Stärkung des Selbstwerts bei und symbolisiert gleichzeitig die Selbstliebe und Wertschätzung der eigenen Persönlichkeit im Sinne von «Ich bin es (mir) wert, geliebt zu werden. Ich bin es (mir) wert, (mir selbst) Liebe und Beachtung zu schenken. Ich bin es (mir) wert, meine Bedürfnisse zu stillen und ein gesundes & glückliches Leben zu führen.»

Literatur:

(1) Zeitschrift für Transaktionsanalyse ZTA 4/2008, Werkstatt, Beziehungsbedürfnisse.

(2) Sprechstunden für die Seele, Berne, 2018, Rowohlt Verlag: 55.

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